Rückblick «Die Maschine, die mich schreibt»

– eine performative Lesung von Francis Karat

am 25. Oktober 2024 in der Ursula Blickle Stiftung.

Wir danken Benjamin Breitkopf, Frank Bierlein und Johannes Bauer, sowie Fabian Jung und Luise Peschko!

Ausserdem gilt unser herzlicher Dank allen, die an diesem Projekt und seiner Realisierung mitgearbeitet haben.

Weitere Informationen zum Kollektiv «Francis Karat» finden sie unter
https://www.francis-karat.com/

Fotos: Sebastian Heck

Das Ursula Blickle Lab lädt Sie und Ihre Freund:innen herzlich ein!

die Maschine, die mich schreibt.

eine performative Lesung von Francis Karat

Freitag, 25. Oktober 2024

19 Uhr

In den Räumen der Ursula Blickle Stiftung Kraichtal / Unteröwisheim

Eintritt frei

Wir folgen dem Schriftsteller Francis Karat bei seinen Erkundungen in eine neue kreative Ära.

Strudelnd im rabbithole der Sprach-KI ertrinken Identitäten im Meer der Daten, und das Feuer wird zum zweiten Mal erfunden.

Eine performative Lesung als Odyssee in die unendlichen Räume der künstlichen Intelligenz.

Hallo Maschine. Wie ist es, du zu sein?

Im Anschluß an das Programm laden wir Sie gerne zum Apéro ein.

Das Ursula Blickle Lab richtet einen besonderen Fokus auf die Grenzbereiche klassischer künstlerischer Disziplinen. Das Programm wird von Prof. Dr. Stephan Krass und Sebastian Winkler konzipiert und betreut.

Das Ursula Blickle Lab lädt Sie und Ihre Freunde herzlich ein zu

art.poetry.space

am Freitag, 03. Mai 2024, 19 Uhr

in den Räumen der Ursula Blickle Stiftung, Kraichtal-UÖ

Eintritt frei 

mit

Maria Tackmann mit Eva Löbau

Where are you? 

Juliane Liebert mit Ani Mijatovic 

FREE INTERNET ACCESS AT THE TIME OF DISASTER 

und einer Soundintervention von Christian Claus

Wer auf eine message warte, beschied Hitchcock einmal einem übereifrigen Regieassistenten, der müsse zur Post gehen. Der Altmeister des suspense wusste genau, dass gerade unerwartete Botschaften das größte Überraschungspotential bergen. Ähnlich verhält es sich mit dem Suchen. Wer etwas findet, das er nicht gesucht hat, wird zum Entdecker. Fundstücke nennt die Künstlerin Maria Tackmann jene Objekte und Materialien, die ihr bei Streifzügen in der Natur oder in urbanen Räumen begegnen. Diese Trouvaillen sammelt sie ein und führt sie zu minimalistischen Arrangements zusammen. In ihrer Raum-Installation Where are you? wird zudem die Sprache zum Material der Beschreibung topographischer Orte. Vorgetragen von der Schauspielerin Eva Löbau hören wir akustische Momentaufnahmen aus dem Rasternetz der Metropole Athen, die Maria Tackmann während eines längeren Aufenthalts dort aufgezeichnet hat. Christian Claus liefert eine Soundcollage dazu. Das Material für ihre Gedichte findet auch die Lyrikerin Juliane Liebert auf den Boulevards der Großstadt, ebenso an den Niagarafällen, an einer Tankstelle in Lappland, auf Tanzflächen oder bei den Monden. Mit der Musikerin Ani Mijatovic stellt sie die Performance FREE INTERNET ACCESS AT THE TIME OF DISASTERvor. So können wir mit ihren „Liedern an das große Nichts“ das Überraschungspotential der poetischen Beobachtung entdecken. 

Das Ursula Blickle Lab richtet einen besonderen Fokus auf die Grenzbereiche klassischer künstlerischer Disziplinen. Das Programm wird von Prof. Dr. Stephan Krass und Sebastian Winkler konzipiert und betreut.

Im Anschluß an das Programm laden wir Sie gerne zum Apéro mit Kreationen von Maria Tackmann ein. 

Einladung art.poetry.space
art.poetry.space

Design: Erik Schöfer

Das Ursula Blickle Lab lädt Sie und Ihre Freund:innen herzlich ein zu

Die Ruinen von Exodus

am Freitag, 10. November 2023, 19 Uhr
in den Räumen der Ursula Blickle Stiftung, Kraichtal-UÖ
(Eintritt frei)

mit

Roman Ehrlich (Text)

Michael Disqué (Bild)

Matthias Krieg (Ton)

Die Wüste lebt lautete der Titel eines erfolgreichen amerikanischen Dokumentarfilms aus dem Jahre 1953. Da war Ridley Scott gerade 16 Jahre alt. Für seine Bibel-Verfilmung Exodus: Götter und Könige ließ er viele Jahre später in der andalusischen Wüste von Tabernasein Szenario aus Kulissen errichten, in dem neben den Hauptdarstellern über 3000 Komparsen agierten. Heute ist die biblische Filmlandschaft ein Ruinenfeld und bildet mit den verfallenen Saloons, Ranch-Häusern und Cowboy-Requisiten, die als Staffage für unzählige Italo-Western dienten, das Memento einer Filmindustrie vergangener Tage. Doch diese Wüste ist kein Originalschauplatz, sie ist eine flimmernde Als-ob–Landschaft, die auf der casting-Liste der Filme, für die sie zur Projektionsfläche wurde, ganz oben stehen müsste. Auf diesen Ehrenplatz haben sie nun der Schriftsteller Roman Ehrlich und der Fotograf Michael Disqué gehoben, die die verfallenen Filmlandschaften besucht, beschrieben und belichtet haben. Für ihre Wüsten-Erkundung mit den Mitteln der Kunst hat der Musiker Matthias Krieg eine eigens komponierte Soundcollage entwickelt. Im Ursula Blickle Lab erlebt diese Video-Text-Sound-Performance ihre Uraufführung. „Die Wüste wächst.“ (Friedrich Nietzsche)

Das Ursula Blickle Lab richtet einen besonderen Fokus auf die Grenzbereiche klassischer künstlerischer Disziplinen. Das Programm wird von Stephan Krass und Sebastian Winkler konzipiert und betreut.

Im Anschluss an das Programm laden wir Sie gerne zum Apéro mit fingerfood ein.

Ursula Blickle und das Team der Ursula Blickle Stiftung trauern um Peter Weibel.

Peter Weibel (1944-2023) war seit 1999 Direktor des ZKM – Zentrum für Kunst und Medien – in Karlsruhe. Unter seiner Leitung, die ein Vierteljahrhundert währte, gelangte das ZKM auf die Liste der zehn wichtigsten kulturellen Einrichtungen, die die New York Times in einem weltweiten Ranking ermittelt. Doch Peter Weibel brauchte keine Institution. Er war selbst eine. Über den Ideengeber, den Vordenker und Theoretiker, über den Aktions-Künstler, Avantgardisten, Musiker und Performer ist in den Tagen seit seinem Tod am 1. März dieses Jahres mit Recht viel geschrieben worden. Angefangen hat Peter Weibel indes als Dichter.

Anlässlich eines Vortrags, den er im Jahre 2013 vor Studierenden der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe gehalten hat, präsentierte er handschriftliche Aufzeichnungen mit ersten poetischen Arbeiten des 22jährigen Wiener Studenten. Diese Blätter ähnelten schon damals eher Schaltplänen als mit Textzeilen gefüllten Manuskriptseiten. An poetische Intuition glaubte Peter Weibel nicht, sein Blick auf Schrift und Sprache war von Abstraktion und Analyse getrieben. So legte er auf den Spuren von Jean Starobinski oder Ferdinand de Saussure „Wörter unter Wörtern“ frei und präparierte zum Beispiel in dem Wort TEENAGER das Wort EAGER heraus, alles noch auf einer Papierseite im zweidimensionalen Medium Schrift. Schon zwei Jahre später folgten Begriffsskulpturen, in denen er mithilfe von Neon-Schaltungen in der Buchstabenfolge ABFAELLE die Worte BALL, FALL, ALL oder ALLE aufblitzen ließ. Weibel, der seine Installationen Motion Poems nannte, interessierte sich für die verschiedenen Lesarten und Bedeutungen von Buchstabenkonstellationen. Dabei genügte es ihm aber nicht, Sprache auf Syntax und Semantik zu reduzieren. Er wollte die jeweiligen Medien einbeziehen und seine Sprach-Installationen an die Funktion der technischen Geräte rückbinden. Auch eine Schreibmaschine, von der wir seit Nietzsche wissen, dass sie als technisches Medium an unseren Gedanken mitschreibt, taucht in seinen frühen Arbeiten auf. Als der eingespannte Bogen unter Feuer gesetzt wird, brennt nicht nur das Papier, sondern auch am Korpus der Maschine nagen die Flammen. Materialität und Medialität sind von Beginn an sein Thema.

Auch in einer anderen Arbeit dieser frühen Jahre steht eine Schreibmaschine im Fokus. Hier reicht es dem Künstler nicht, die Schrift als Produktions- oder Speichermedium zu befragen, nun rückt er die Gewalt, die von Sprache und Schrift ausgehen kann, in den Mittelpunkt. Dabei wandert, wie es in einem späteren Ausstellungstext zu der Installation von 1971 heißt, die „Erfahrung des Widerstandes und des Schmerzes vom reinen Reich der Zeichen (Buchstaben) auf die Materialität der Tastatur, die mit Reißnägeln versehen ist. “Der Schmerz ist nun physisch präsent und nicht „nur“ in einem Text repräsentiert. Dass man in der Aktions-Kunst nicht symbolisch handeln kann, sondern mit dem eigenen Körper einstehen muss, hatte er schon gezeigt, als er sich ebenfalls in dieser frühen Werkphase ein Gedicht in die Haut seines Armes einnähen ließ. Die radikalste Aktion aber fällt in das Jahr 1973. Peter Weibel beschreibt das Szenario als „Skulptur mit angeschlossenem lebenden Organismus“. Bei der Skulptur handelte es sich um einen Steinklotz, bei dem lebenden Organismus um den Künstler, der den Klotz mit seinen Armen umfasst. Über Stunden hatte er seine Zunge dort einbetoniert, um die Gewalt der Sprache physisch spürbar zu machen. Sprache ist nicht unschuldig, sie entscheidet über Sinn und Unsinn, über Haben und Nicht-Haben, über Sein und Nicht-Sein. Raum als Sprache lautet fast lapidar der Titel dieser Aktion.

Wer Peter Weibel zuhörte, erlebte ihn nicht nur als einen mit allen linguistischen Wassern gewaschenen Sprachkünstler, der die Macht der Sprache, deren Potential und deren Grenzen in alle möglichen Richtungen herausforderte, sondern auch als einen äußerst eloquenten Gesprächspartner und Vortragenden. Kleists „allmähliches Verfertigen der Gedanken beim Reden“ machte er sich allerdings ebenso wenig zu eigen wie einen Satz aus Susan Sontags Tagebuch: „Wie soll ich wissen, was ich denke, bevor ich höre, was ich sage.“ Denn der Prozess des zur-Sprache-Bringens dauerte ihm viel zu lang. Soviel Zeit hatte Peter Weibel nicht.

Als Theoretiker, der zeit seines Lebens der Erforschung menschlicher Kommunikation auf der Spur war, wusste er nur zu gut: Denken geht schneller als Sprechen. Bis das Synapsengewitter auf der Zunge ankommt, braut sich längst schon an anderer Stelle eine neue Assoziations-Front zusammen. Um den umständlichen Weg der Sprache, die über Sprechwerkzeuge wie Kehlkopf oder Zunge und den Echoraum der Mundhöhle zur Artikulation finden muss, abzukürzen, entwickelte er einen rhetorischen Stenogrammstil. Er sprach nicht im Parlando, sondern intonierte seine Worte und Satzkaskaden in einem Stakkato-Rhythmus. Dabei ertränkte er ungeniert ganze Silben in seinem Wiener Sprachfluss. Am Ende blieb eine Art Slam-Sprech übrig, bei dem man als Zuhörer eine Weile brauchte, um herauszufinden, was er da gerade sagte – ja, ob er deutsch oder englisch sprach. Dominant war einzig der Basso continuo seines Wiener Idioms. Peter Weibels Sprachduktus verlangte seinem Publikum durchaus einen gewissen Grad an Kombinationsfähigkeiten ab. Einer poetischen Lesart blieb seine Rede indes immer zugänglich. „Genuine poetry can communicate before it is understood“, wissen wir mit T.S. Eliot. In diesem Sinne ist Peter Weibel immer ein Poet geblieben.

Was also soll einer machen, dem die Geistesblitze schneller auf der Zunge einschlagen, als sie sich in artikulierte Laute verwandeln können. Das ist kein kognitives Problem, sondern ein physiologisches. Die Sprache ist zu langsam, um das Einprasseln von Gedanken, Gefühlen, Ideen, Assoziationen und Beobachtungen 1 : 1 abbilden können. Ein Dichter wie Rolf Dieter Brinkmann, der ein Geistesverwandter von Peter Weibel war, hat dieses Manko an Gleichzeitigkeit durch audiovisuelle Medien einzuholen versucht, nachdem er seine Gedichte in Plastik eingeschweißt und in einer Truhe versenkt hatte. Fortan wollte er nur noch mit Bild und Ton arbeiten. Als Brinkmann 1975 in London starb, hatte auch Peter Weibel seine Buchpläne begraben und experimentierte mit Film und Video. Peter Weibel hat Rolf Dieter Brinkmann um 48 Jahre überlebt. Mehr Zeit hat er also gehabt. Doch diese Form von Gleichzeitigkeit, nach der sie beide suchten, bleibt bis heute ein Manko in unserer physischen Grundausstattung, das sich auch medial nur unzureichend überbrücken lässt. „Gegenwart – wann war das?“ lautet eine Gedichtzeile von Thomas Brasch.

Dr. Stephan Krass ist Kurator des ursula blickle lab und Honorarprofessor für literarische Kunst an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe.

Das Ursula Blickle Lab lädt Sie und Ihre Freunde herzlich ein zu

art.poetry.space

am Freitag, 28. Oktober 2022, 19 Uhr, Eintritt frei
in den Räumen der Ursula Blickle Stiftung, Kraichtal-UÖ

mit

Ann Cotten und Nils Menrad

IdiomReplaceX

und

Atonor mit Klangobjekten von Erwin Stache

Augen auf zum Klänge sehen

„Form follows function“, heißt ein bekannter Gestaltungsgrundsatz, der auf den amerikanischen Architekten Louis Sullivan zurückgeht. Was aber, wenn die Gegenstände, mit denen wir alltäglich umgehen, die Rückbindung an ihre Form abstreifen, in neue Rollen schlüpfen, ihren Spieltrieb entdecken und ein subversives Eigenleben entwickeln? Da wird ein Hometrainer zu einer Soundmaschine, ein alter Telefonapparat zu einer Musikbox, und einem Gebrauchstext werden literarische Lesarten entlockt. Das Konzept der Konversion oder der künstlerisch inspirierten Zweckentfremdung ist hochproduktiv, wenn man es auf die richtigen Gegenstände anwendet. Bei dem Ensemble Atonor kann man erleben, wie Alltagsgegenstände in eine surreale Klangwelt eintauchen, bei dem Projekt IdiomReplaceX der Lyrikerin Ann Cotten, des Medienkünstlers Nils Menrad und des Software-Entwicklers Andreas Kohlbecker werden wir Zeugen, wie Nachrichten zu dadaistischer Poesie oder Wikipedia-Texte zu lautmalerischer Sprachakrobatik werden. „Ich fordere die restlose Erfassung aller Materialien vom Doppelschienenschweißer bis zur Dreiviertelgeige“, hatte Kurt Schwitters bereits 1919 die Kunstwelt wissen lassen. Sein Aufruf hallt bis heute nach.
Das Ursula Blickle Lab richtet einen besonderen Fokus auf die Grenzbereiche klassischer künstlerischer Disziplinen. Das Programm wird von Stephan Krass und Sebastian Winkler konzipiert und betreut.

Im Anschluß an das Programm laden wir Sie gerne zum Apéro ein.

Design: Studio Antonia Huber, London

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